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UNSER KIND IN SEINER PRIVATSPHÄRE

Wie kann eine Balance zwischen Vertrauen und Kontrolle gelingen?

Eltern müssen sich der Herausforderung stellen, ihr Kind zu beschützen und gleichzeitig sein Recht auf Privatsphäre respektieren.

ZU RECHT GESCHÜTZT

In der UN-Kinderrechtskonvention ist verankert, dass jedes Kind ein Recht auf Privatsphäre hat. Dabei geht es im Gesetz u.a. auch um den Schutz der Ehre. Es ist wichtig, die Privatsphäre von Kindern im Privatleben, im Schriftverkehr und im Wohnraum zu achten. Einfach übersetzt bedeutet das, dass Kinder, so wie wir Erwachsene und jeder Mensch, ein Recht auf einen ganz persönlichen Bereich im Leben haben, der nur sie selbst etwas angeht. 

Einige Bereiche der Privatsphäre sind durch Gesetze strafrechtlich geschützt, z.B. das Brief- oder Fernmeldegeheimnis.

Über die „räumliche Ebene“ (z.B. eigenes Kinderzimmer, in welchem das Kind sich zurückziehen und unbeobachtet einfach für sich allein sein kann) hinaus, erstreckt sich die Privatsphäre ebenso, wie auf die „soziale Ebene“. Privatsphäre zu wahren bedeutet also nicht, dass sobald das Kind aus seinem Zimmer hinaustritt, alle Inhalte seines Lebens freigegeben sind.

Nun kehrt die zunehmende Digitalisierung des Lebens auch in die Privatsphäre unserer Kinder ein. Haben Kinder z.B. Laptop, Tablet oder/und Handy, ist es sehr wichtig, sie in der öffentlichen Onlinewelt zu begleiten und darüber im Bilde zu sein, in welchen virtuellen Räumen sich das Kind aufhält. Tun sie dies, ohne in die Privatsphäre ihrer Kinder einzudringen. Medienkompetenz und eine umfassende Aufklärung zum Umgang mit neuen Medien nehmen also einen hohen Stellenwert ein.

Rückzug verdient elterlichen Respekt!

Eltern dürfen verschlossene Briefe, E-Mails und SMS nicht öffnen bzw. lesen. Das gilt auch für bereits geöffnete Briefe, die z.B. in einer verschlossenen Schatulle oder in einem Schubfach im Kinder- bzw. Jugendzimmer liegen. Postkarten, unverschlossene Briefe, Tagebücher sind für Eltern tabu, solange keine Gefahr in Verzug ist und Eltern alles heranziehen müssen, um das Kind/den Jugendlichen im Sinne ihres elterlichen Sorgerechts zu schützen. Das Kontrollieren des Internet-Surf-Verhaltens (Verlauf) oder das Durchsuchen von Accounts in sozialen Netzwerken fällt unter das Recht auf Privatsphäre. Das Persönlichkeitsrecht ist unabhängig vom Alter der Kinder. Bei Kindern bis ca. 14 Jahre entscheiden die sorgeberechtigten Eltern über die Veröffentlichung der Bilder.

Ein Recht auf Privatsphäre bedeutet auch, dass es für den Nachwuchs einen Ort geben sollte (z.B. eigenes Zimmer, Spielehaus), wo er sich zurückziehen kann und einfach einmal ganz für sich allein sein kann. 

Auch, wenn sie Eltern sind, haben sie nicht das Recht, das Zimmer ihres Kindes grundlos zu durchsuchen.

Im familiären Zusammenleben geht es jedoch nicht darum, mit Gesetzestexten zu hantieren und sich gegenseitig anzuzeigen. Vielmehr beginnen Eltern bereits im Kleinkindalter ihrer Kinder damit, sich respektvollen Umgang mit Rückzug anzugewöhnen. Kinder suchen sich oft intuitiv Rückzugsmöglichkeiten, indem sie sich z.B. "Hütte" in einem Pappkarton bauen oder Höhlen mit Decken über dem Sofa. Freuen sie sich über diese Entwicklung und vielmehr noch:

 

Klopfen sie bei verschlossener Kinderzimmertüre an, bevor sie das Zimmer betreten!

 

Ihr Kind lernt durch diesen Respekt, dass sich das Eintreten eines Raumes respektvoll durch Anklopfen ankündigt  und wird dieses auch im späteren Leben einfordern können.

SCHUTZ BEI GEFAHR, EIN SONDERFALL!

Wenn sie als Elternteil den begründeten Verdacht haben, dass ihr Nachwuchs sich in Gefahr befindet (Drogen nehmen könnte, sich strafbar macht, z.B. von Gewalt oder Missbrauch bedroht ist), setzen sie sich geradlinig, jedoch ruhig über das Recht der Privatsphäre hinweg, um ihrer Pflicht auf Sorge und Erziehung wahrnehmen zu können.

AUSNAHMEZUSTAND PUBERTÄT

Schwierig wird es naturgemäß in der Pubertät, weil die Hormone in dieser Zeit buchstäblich "verrückt-spielen" und sich das natürlich im Verhalten bemerkbar macht.  In einer Zeit, in welcher Eltern mit dem Loslassen kämpfen und immer weniger Einblick in das Leben ihres Nachwuchses erhalten, wächst die Sorge, dass dieser etwas verheimlicht, was folgenschwer für seine Entwicklung sein könnte. Nicht selten wird dann das Zimmer durchsucht.

Finden sie Alternativen!

Hinterfragen sie ihre eigenen Motive für das Misstrauen ihrem Kind gegenüber! Vertrauen sie ihrem Kind noch? Sprechen sie offen mit ihrem Kind über das Thema Vertrauen und hinterfragen sie, was es damit in Verbindung bringt.

In diesem Zusammenhang sollten sie nicht vergessen, dass BEZIEHUNG zum Kind wichtiger ist als die Bewältigung der Entwick-lungsaufgabe "Pubertät"

Was braucht es, um das Vertrauensband zwischen ihnen und ihrem Kind zu stärken?

  • Wenn sie Interesse an den Aktivitäten ihres Kindes bekunden (und seien sie noch so absurd) signalisieren sie ihm den Respekt und die Wertschätzung, welche es in dieser Entwicklungsphase so dringend benötigt. Ganz nebenbei erhalten sie nicht nur Einblicke in seine Welt, sondern können Einfluss darauf nehmen.

  • Akzeptieren sie, dass ihr Nachwuchs ihnen nicht mehr alles aus seinem Leben erzählen möchte, und würdigen sie, wenn er es tut: das Motto hier darf sein „auch Erwachsene teilen nicht alles mit Ihrem Kind“.

  • Es ist manchmal schwer aushaltbar, als Eltern außen vor zu sein: gerade hier sind Einfühlungsvermögen und Geduld gefordert, die sich schlussendlich lohnen, ihr Nachwuchs wird es in späteren Jahren weitergeben können.

Es geht darum, Grenzen zu respektieren und Dinge ernst zu nehmen, die an sie als Eltern herangetragen werden. Nutzen sie ihre Vorbildfunktion! So wird ihr Nachwuchs nicht nur lernen, für seine eigenen Grenzen einzustehen, sondern auch die Grenzen anderer zu wahren. 

Das Thema „Privatsphäre kann sich für sie als Eltern nach täglicher, mühseliger Gratwanderung anfühlen.

Wenn Sie Fragen haben oder Hilfe zu Ihrer individuellen Situation möchten, sprechen oder schreiben sie uns gern an! 

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